Neulich besuchte uns eine Dame mit einem kleinen Smaragdring, ein Erbstück von einer Tante die sie sehr gern hatte. Der Ring war ihr zu klein, er passte nicht zu ihrem Stil und die Smaragde waren größtenteils kaputt. Weil sie aber so gern eine Erinnerung an die geliebte Tante haben wollte, fragte sie uns, was man da machen kann.
In solchen Fällen höre ich erstmal zu. Den Goldschmiede-Sachverstand kann ich später noch rauskramen. Unserer Kundin war es zum Beispiel überhaupt nicht wichtig, genau so einen Ring wieder am Finger zu haben (kommt oft vor). Die Steine waren ihr auch nicht wichtig, es ging ihr nur um GENAU das GOLD.
Nun ist es so, dass für die Anfertigung eines Schmuckstückes erstmal eine größere Goldmenge zur Hand genommen wird. Der fertige Stück kann dann nur noch ein Drittel wiegen (und nur diese Menge wird berechnet J). Der Rest ist Verschnitt, z.B. der Gusskanal oder das ganze Goldpulver, das entsteht, wenn wir das Schmuckstück durch Feilen und Polieren in Form bringen. Dieser Verschnitt besteht aus „unserem“ Gold mit einem festen Mischungsverhältnis aus Gold, Silber und Kupfer und ist garantiert ohne Nickel. Deshalb können wir den Verschnitt einfach wieder einschmelzen und für das nächste Schmuckstück verwenden.
Möchte nun ein Kunde aus einem kleinen geerbten Schmuckstück ein neues gebaut haben, brauchen wir eben auch eine größere Goldmenge zum Arbeiten. Wir könnten natürlich „unser“ Gold nehmen und das Schmuckstück des Kunden mit hineinschmelzen. Aber, Sie werden es ahnen, was ist dann mit dem Verschnitt? Genau, den können wir anschließend nicht mehr weiter verwenden. Das Mischungsverhältnis aus Gold, Silber und Kupfer, entspricht nicht mehr „unserem“ Gold und Nickel könnte auch drin sein. Sollte wir aus diesem Gold etwas Neues anfertigen, würden wir bestenfalls den nächsten Kunden enttäuschen, weil die Farbe nicht zu den anderen von uns angefertigten Schmuckstücken passt. Und schlimmstenfalls gefährden wir auch noch seine Gesundheit wegen des Nickels. Zu Tante Erikas Zeiten war man nicht so zimperlich mit Nickelbeimischungen, aber die heutige Nickelrichtlinie gibt es ja nun auch nicht ohne Grund.
Langer Rede kurzer Sinn: Nein ich baue aus einem kleinen alten Schmuckstück kein großes neues. Was also tun, für eine hübsche Erinnerung an die geliebte Tante oder Oma?
Ganz einfach: Wir haben aus dem alten Ring alle Steine ausgefasst und das verbleibende Gerüst mit einer großen Flamme eingeschmolzen. Die entstandene Goldpfütze war schon schön rund. Dann etwas poliert, flach gewalzt und den letzten heilen Smaragd eingefasst. Die Anhänger-Öse haben wir aus „unserem“ Gold gebaut und angelötet. Und fertig ist ein schöner neuer Familiengold-Anhänger, voll mit alten Erinnerungen. Dass die Rückseite etwas rumpelig aussieht stört keine Menschen. Nur den Goldschmiede-Sachverstand, aber der hat jetzt mal nix zu sagen